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Thylacine – Transsiberian

Thylacine – Transsiberian

160 Stunden Zugreise zusammengefasst in einem 40-minütigen Album: Am 27. Mai 2016 hat Thylacine seinen ersten LP „Transsiberian“ auf dem eigenen Label Intuitive Records veröffentlicht. Die 10 Tracks hat der Pariser Produzent während einer Fahrt mit der Transsibirischen Eisenbahn auf einer Strecke von 9000 Kilometern von Moskau nach Vladivostok aufgenommen. Zwei Wochen lang hat Thylacine das Zugabteil zu seinem Studio gemacht. Nicht nur das Album ist dabei entstanden, sondern auch eine Doku (auf Französisch). Hier ein kleines Snippet:

Thylacine – was übrigens die Bezeichnung für den Tasmanischen Tiger ist – arbeitet mit pulsierenden, elektronischen Klanglandschaften. Sein Mix aus Electro, House, Techno, Pop und experimentellen Elementen erinnert an die Musik von Paul Kalkbrenner, der vor allem mit seinen akustischen Aufnahmen wie den berühmten Berliner S-Bahn-Sounds einen Coup gelandet hat. Auch Thylacine entfremdet in „Transsiberian“ alltägliche Klänge und lässt sich von unterschiedlichen musikalischen Zusammentreffen inspirieren.

Das Album erzählt nicht in chronologischer Reihenfolge von der Reise. Um in Abfahrtsstimmung zu kommen, steigt Thylacine in der „Introduction“ mit Samples von Bahnhofsdurchsagen in das Album ein. Diese Reise-Atmosphäre nimmt er auch mit in den nächsten Track „Train“, der wohl symbolisch für den gesamten Longplayer stehen kann. Das Rasseln der Waggons, das der Produzent in Dauerschleife unter einen treibenden Beat mit trancigen Sounds und träumerischen Harmonien gelegt hat, entführt uns in die vorübergleitenden Weiten des größten Landes der Welt:

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  • Thylacine
  • Train

Thylacine vertont viel von der Kultur, die ihm begegnet. Im Dorf „Belobezvodnoe“ hat der heimische Frauenchor ein exklusives Konzert für den herumreisenden Musiker veranstaltet. Der Track ist aus dem von den Frauen gesungenen tatarischen Lied über die Liebe einer Mutter, Familie und Heimat entstanden. Er hat etwas Orientalisches, Poppiges, Helles. Es folgt eine kurze Sequenz mit „Aikhai & Mandukhai“, zwei kleinen Mädchen, die ebenfalls ein Volkslied vorsingen. Man kann sich regelrecht vorstellen, wie sie dabei vor ihrer Jurte am Baikal stehen und tanzen. Auch „Irkutsk“ und „Chaman“ greifen solche Gesänge auf.
Der technoidste und aggressivste Track des Albums ist „Moskva“. Die Hauptstadt klingt dunkler, energiegeladener, pumpender als die musikalischen Haltestellen zuvor.
Mein persönlicher Lieblingstrack „Piany Pianino“ erinnert an Chilly Gonzales. Der Track trägt zwar Thylacines Handschrift, aber das durchgängige, fröhlich-leichte Klavierspiel zeigt auch eine neue Seite von ihm und ist eine schöne Abwechslung in dem doch etwas einseitigen Mix aus Chören und Gesängen.

Fazit: Insgesamt ist das Album ein wunderbar originelles Projekt. Thylacines Stil schafft es, auf eine ruhige und klare Art die aufregenden Eindrücke der Reise zusammenzufassen. Außerdem liefert das Werk eine tolle Erkenntnis: Trotz der vielen Zwischenhalte, unterschiedlichen Menschen und fremden Kulturen bleibt immer eines: die Musik als universelle Sprache.

„Transsiberian“ könnt ihr über Itunes, Spotify oder als CD/Vinyl hier erwerben.

Am 21. Juni 2016 ist Thylacine außerdem live im Kesselhaus in Berlin zu sehen und zu hören – das Konzert ist umsonst! Weitere Tourdaten für Europa findet ihr auf seiner Website.

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